"Es ist manchmal zu
früh, aber nie zu spät."
- Inselbühne Baltrum:
- Halb auf dem Baum,
Komödie von Peter Ustinov
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- Rosarot das Bühnenbild, dezent und doch
prägend. Die rosaroten Brillen der Personen im Stück aber haben alle
längst Risse bekommen.
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- General Fitzbuttres kehrt nach
vierjährigem Urwaldkrieg in einer der alten Kolonien nach England
zurück um in den Ruhestand zu treten. Er findet seine Kinder
verändert vor: sein Sohn Robert ist von der Universität geflogen und
hängt nun als Hippie herum. Seine Kleidung pumpt er sich mal hier und
mal da und er trägt eine Gitarre vor der Brust - nicht weil er sie
spielen könnte, sondern weil sie zum Outfit gehört. Und Tochter Judy
wird in wenigen Tagen von den unübersehbaren Folgen der sexuellen
Revoulution entbunden werden. Wer der Vater des Kindes ist, vermag sie
nicht zu sagen, so genau hat sie sich die Herren auch nie angesehen.
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- Es sind die letzten Jahre der Sechziger:
Flower-Power und Friedensbewegung. Nach manchen Teilen der passenden
Kostimierung hatten die Baltrumer sicher nicht lange suchen müssen;
vieles ist gerade wieder "in".
Erwartet man nun, dass der gestrenge General
seine Familie zur Raison ruft, so überrascht er, indem er die
Protesthaltung seiner Kinder begrüßt. Jahrelange sinnlose Kämpfe haben
auch ihn frustriert. Die Haltung der Kinder imponiert ihm, ist ihm aber
nicht konsequent genug. Wenn er etwas tut, dann hundertprozentig.
- So lebt er dann anschließend seinen
Kindern vor, wie er ihre Philosophie versteht. Er haust unter Brüken,
trägt abgetragene Kleidung wie die junge Generation und schockiert
damit nicht nur seine Frau, sondern auch seine Kinder. Wie kann sich
Vater nur so unmöglich benehmen, in seiner Position? Schon damit
entlarvt er die Auflehnung der Kinder als halbherzig; sie sind längst
viel angepasster, als sie es sich selbst eingestehen.
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- Am Schluss lebt der General auf einem
Baum, trägt nur noch ein Baströckchen. Seine Kinder dagegen sind
vollends auf dem Weg zum Bürgertum: Judy heiratet, damit ihr kleiner
Sohn einen Vater und sie Sicherheit hat. Und auch Robert hat seine
Hippie-Uniform gegen einen spießigen Anzug eingetauscht, in dem er
sich zwar noch nicht ganz wohlfühlt, den er aber zu seiner eigenen
Hochzeit tragen will.
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- Der Vater lebt weiter halb auf dem Baum.
Und auch sein Nachbar und der Herr Vikar finden langsam Gefallen an
dieser Lebensphilosophie...
- Die Akteure der Inselbühne bringen die
Charaktere gekonnt besetzt auf die Bühne und lieferten eine solide
handwerkliche Leistung ab. Wären ein paar Pointen noch etwas mehr
herausgearbeitet und die Inszenierung mit schnelleren Anschlüssen im
Tempo gesteigert worden, wäre das Theatervergnügen noch größer
gewesen. Auch einige großzügige Striche hätten dem Stück gut
getan, gerade der General wiederholt sich recht oft.
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- Jürgen Baumgarten
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