Ostfriesischer Kurier 
Freitag, 4. Juni 1999 Seite 4 / Nummer 127 

Theater auf der Insel Baltrum: 

"Arsen und Spitzenhäubchen"

Bühne inszenierte jetzt haarsträubende Story der Familie Brewster 

Baltrum. Das dritte Stück, das die Inselbühne im Kultur- und Sportverein Baltrum in diesem Sommer ihrem Publikum bietet, ist die Kriminalkomödie "Arsen und Spitzenhäubchen" von Joseph Kesselring. Wilhelm Klünder inszenierte die haarsträubende Story der Familie Brewster, deren Mitglieder allesamt auf die eine oder andere Art ihre sehr eigene Sicht der Realität haben. Da das Hauptvergnügen am Geschehen für den Zuschauer darin liegt, mehr zu sehen und zu wissen als die jeweiligen Akteure, hat Klünder besonderen Wert auf die Gestaltung dieser Szenen gelegt, die voller Situationskomik stecken. 
 
Barbara Adams als liebenswerte, in heiterer Unschuld tötende Abby Brewster verkörperte die Rolle perfekt. Sabine Hinrichs als verliebte, dennoch selbstbewusste Ellen Harper gestaltete genauso sicher ihre Rolle. Den beiden gelang es, die Zuschauer etwas vom schwarzen Humor des Textes erahnen zu lassen. 

Erna Moschner als Martha Brewster, die für die Zubereitung der normalen wie tödlichen Mahlzeiten zuständig ist, wirkte neben ihrer Schwester Abby ausgesprochen nervös. Andrew Engelking als Teddy Brewster, Neffe der entzückenden Mörderschwestern machte glaubhaft, dass er sich als Präsident Roosvelt verantwortlich fühlt für die Beseitigung der Leichen, die er für Opfer des Fiebers beim Bau des Panama-Kanals hält. Klaas Beck als Jonathan Brewster, der schon als Kind abartige Spiele bevorzugte und seine Spielkameraden quälte, gestaltete den sadistischen zweiten Neffen mit eiskalter Stimme und gefährlicher Ruhe. Der dritte Neffe - Mortimer - hat seine liebe Not, schrittweise Ordnung in das Leben der Brewsters zu bringen, seine eigene Hochzeit zu überdenken und seinem Beruf nachzukommen. Diese Überforderung glaubte das Publikum Peter Janßen absolut. Die Polizei erweist sich als wenig geeignet, ihr Amt als Ordnungshüter auszuüben: Die zwei Polizistinnen Klein und Brofy, die Eke Seiffart und Tina Neumann als adrette Beamtinnen zeigten, kümmern sich wohl um Ruhestörer, nicht aber um gesuchte Mörder.

Auch ihr männlicher Kollege O'Hara, den Gerd Klünder mit großem Einsatz zeichnete, ist mehr daran interessiert, einen kompetenten Kritiker seiner schriftstellerischen Leistung zu fesseln als Verbrecher auf der Flucht. Der Chef des Trios, Leutnant Rooney, den Josef Flockert gab, polterte zwar nach Vorgesetztenmanier herum, trug aber kaum zur Lösung des Falles bei. 

Mrs. Witherspoon, Leiterin des Heims "Zum fröhlichen Hirten", ist von Berufs wegen den Umgang mit Sonderlingen gewöhnt und wurde von Anneliese Engelking als pflichttreue Pflegerin dargestellt. Die Figur des Pfarrer Dr. Harper, der ahnungslos im Hause Brewster ein- und ausgeht, spielte Wilhelm Klünder Milde und Verständnis ausstrahlend. Karl-Heinz Koszollek als Dr. Einstein, Kumpan des Jonathan Brewster, bot Hamburger Klangfarbe für die Rolle auf. Anja Linn, Souffleuse der Abendbesetzung, hatte noch am zweiten Aufführungstermin einige Mühe, das Spiel auf der Bühne in Gang zu halten. 

Zu hoffen ist, dass sie bei den weiteren Aufführungen am 16. Juni, 7. und 28. Juli, 18. August sowie 8. und 29. September nicht so oft Texthilfe geben muss. Es würde dem Spiel mehr Tempo geben und die Zuschauer, die die Pointe aus der Filmfassung kennen, nicht so auf die Folter spannen. 

Helga Ribani 

Die Inselbühne Baltrum