Frühzeitig hatte Jungregissuer Thomas Steeg damit begonnen, ohne Textbuch zu proben - die Einsätze wären sonst nicht umzusetzen und mitunter sogar gefährlich gewesen. Hauptrolle in diesem Stück spielt nämlich ein Fenster, das immer dann zufällt, wenn es nicht erwartet wird. Dieses Fenster will bedient werden, das übernehmen Holger Meents und Sabine Hinrichs, die dem Regisseur zu Seite sprang, als dieser überraschend die zweite bzw. dritte Hauptrolle übernehmen musste - es läuft nie alles, wie geplant.

"Außer Kontrolle“ ist nicht ganz jugendfrei, aber es macht offensichtlich sehr viel Spaß und ist enorm lustig. Die Zuschauer haben bei der Premiere am 35. Mai 2011 Tränen gelacht - wie die Mitwirkenden im Winter bei den Proben.

Richard Willey, Staatsminister der Britischen Regierung (in unschlagbar staatsmännischer Kondition und nie um eine Ausrede verlegen: Henning Kremer) ist soeben im Begriff, sich in der Luxussuite des Westminster-Hotel auf ein Schäferstündchen mit Jane Taylor (reizend wie immer: Eke Seiffart), der Sekretärin des Oppositionsführers einzurichten, da spielt ihm eine im Fenster hängende Leiche (tolles Debut, nicht ganz einfach: Bärbel Eickelmann) einen dicken Strich durch die Rechnung. Zum Glück tut sein Privatsekretär George Pigden (schlagfertig und mit eigenem Kopf: Thomas Steeg) immer genau das, was man von ihm verlangt, meint Richard sich auf ihn verlassen zu können. Doch die Dinge entwickeln ein ganz anderes Eigenleben... Die Dinge spitzen sich zu, natürlich nicht zur Zufriedenheit des Politikers. Das Thema ist ja aktuell...

Der Hotelmanager (mit bravouröser Trockenheit - dabei hat er es faustdick hinter den Ohren: Holger Meents) hat eigentlich nur Sorge um sein Etablissement, was der empörte Ronny Taylor (in verzweifelter Tragik-Komik: Soeren Voigt, noch ein talentierter Gewinn für die Inselbühne) auf der Suche nach seiner Frau Jane mit Brachialgewalt durchpflügt. Hoteldiener Harold Cromwell (Gotthard Hagenström mit entzückenden Altersbeschwerden) entpuppt sich erst ganz zum Schluss als gewiefter Schurke und verstärkt zuvor das Chaos eher, als dass er Ordnung in den Salon bringt. Es taucht dann noch Pamela (abenteuerlustig: Sabine Hinrichs) auf, die Gattin Richards, eine von diesen furchtbar netten Ehefrauen bedeutsamer Männer, die immer ganz genau wissen (wollen), wer mit wem wie genau verwandtschaftliche Bande unterhält... Schwester Gladys Foster (durchsetzungsvermögend: Petra de Vries) allein bringt die Jungs wieder in die richtige Spur - meint man. Das dicke Ende folgt zum Schluss - und es ist alles ganz anders, als man dachte!

So gibt es wieder keine wirkliche Moral von der Geschicht, doch wenigstens ein doppeltes Happy End.

Für Licht und Ton sorgten Petra und Wilfried de Vries (letzterer ebenfalls neu dabei), Grace Lüppen hat die Kostüme ausgesucht, Bärbel Nannen war für die Maske verantwortlich. Die Bühne haben Frank Feldmann, Georg Dietrich und Thomas Steeg schon im Januar gebaut. Souffleuse Martina Meyer-Leißner war stets diskret zur Stelle, falls es im Text zu haken drohte. Für den Pausensekt sorgten Marlies Albering und Michaela Ripp mit ihrem Team.