Drei Einakter von Curt Goetz

2005

 

 

Mit drei Einaktern - nicht einem Dreiakter! - eröffnete die Inselbühne Baltrum im 40. Jahr ihres Bestehens am Karfreitag die diesjährige Theatersaison. Sie hat dazu drei Stücke von Curt Götz ausgewählt und mit viel Bedacht und Spürsinn für die kunstvolle Sprache und den feinen Humor des Autors in Szene gesetzt.

Mit "Herbst" wird der Reigen eröffnet. Die Zeit: eigentlich nach dem zweiten Weltkrieg, aber in Wirklichkeit unbedeutend - sie fließt. Und so verwebt Curt Götz die Erinnerungen an Gewesenes, an das, was hätte sein können, und das, was gerade geschieht, geschickt in ein beinahe statisches Bild: So ist der Ort der Handlung eine einzige Parkbank in einem Kurort irgendwo. Die Erinnerung an ihren Vater bezieht die junge Florence allein von ihrer Mutti, ist jener doch im Krieg gefallen. Es geht um Altersunterschiede, um das Älterwerden, die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit, will doch Florence in den Stand der Ehe eintreten. Florence geht die Mutter allein zurücklassend, Graf Dingelstätt kommt des Weges und beginnt mit Cyprienne ein Gespräch über alte Zeiten. Ob sie schön waren? Hätte der Graf seine einzige Liebe, die er aus den Augen verlor, gerne wiedergesehen? Es stellt sich heraus, dass die Erinnerungen des Grafen auch diejenigen Cypriennes sind...

Simone Ulrichs, Bärbel Nannen und Jürgen Janßen zaubern ein feinsinniges stimmungsvolles und kontrastreiches Bild auf die Bühne, das zum Nachdenken und Nachbetrachten - zum Erinnern auffordert.

Gut, dass es eine Umbaupause gibt, denn für das zweite Bild muss man sich auf mehr Aktion einstellen: Regisseur Arnold Abram hat das Stück aus seinem Zeitrahmen geholt und lässt es heute spielen: geht es doch um Wirtschaftskriminalität, und die gibt es ja schließlich immer. Einer Firma, die pleite ist, wird kein Geld mehr geliehen - wird eine Firma aber bestohlen, so wird ihr von allen Banken geholfen. Horst Unger alias Kommerzienrat Biedermann zeigt den beiden Kompagnons (Tina Neumann und Arnold Abram) auf, wie er ihnen zu dieserlei Hilfe verhelfen kann - mit viel Trickreichtum, mit ein paar obligatorischen Winkelzügen, nicht korrekt, vielleicht nicht ganz ehren-, aber überaus wirkungsvoll. Curt Götz erzählt mit einem großen Augenzwinkern, wo die Grauzonen der Grenzen an der Kriminalität anfangen oder aufhören... "Lohengrin" hat Curt Götz das Stück genannt. Die Frage nach der Herkunft (hier der Hilfe im Körper des Kommerzienrates) ist also nicht erlaubt.

 

Im dritten Teil schließlich geht es um eine "ärgerliche Begebenheit": Das alte Thema Liebe, Eifersucht, die Möglichkeit des Betrogenwerdenkönnens. Hausherr Konrad kommt von einem Jagdausflug mit seinem Gast Herrn d'Elorm ohne diesen nach Hause zurück. Dort hat in seiner Abwesenheit ein verbitterter Apotheker (Jürgen Janßen), der seine Beine einst einer betrügerischen Frau wegen verlor, die Gemahlin Isabella (Gesa Puls) vor Ehebruch und Betrug gewarnt. Sie nämlich scheint sich gerade anzuschicken, mit besagtem Jagdgast eine Affäre beginnen zu wollen. Als nun Konrad (Horst Unger) von der Jagd am häuslichen Tische berichtet, schweben Isabella wie auch der Zuschauer lange in Ungewissheit ob des Verbleibs der Jagdbeute wie auch Herrn d'Elorms. Köstlich scheint nicht nur das aufgetischte Essen von Dienstboten Peters (Karl-Heinz Koszollek), sondern sind vor allem die Dialoge! Letztendlich beichtet Isabella aus Angst vor Entdeckung, was sie gar nicht hätte zugeben müssen. Ärgerlich. Aber heilsam, wie Konrad feststellt. Denn Herr d'Elorm (Arnold Abram) ist lange nicht das, als was er sich ausgegeben hat.

Die Inselbühne Baltrum hat schon zweimal erfolgreich je eine Saison mit drei Einaktern von Curt Götz bestritten, und das Publikum im gut gefüllten Saal am Karfreitag scheint auch diesen Abend, dem Applaus nach zu urteilen, sehr gemocht zu haben. Dass mehere Köche durchaus nicht den Brei verderben, sondern ein wunderbar abwechslungsreiches Menü zaubern können, zeigt die Konstellation dieses Bühnenabends: So hat Sabine Hinrichs "Herbst" in Szene gesetzt, Arnold Abram war erstmalig als Regisseur dabei und hat sein Können mit dem "Lohengrin" unter Beweis gestellt, und in bewährter Weise haben Gesa Puls und Jürgen Janßen "Der Mörder" inszeniert.

Sie haben aus der Not eine Tugend gemacht, denn es wird schwieriger, drei Theaterstücke - und diesen Ehrgeiz hat die Baltrumer Inselbühne! - in jeder Saison vor allem mit "jungen Liebhabern" gut zu besetzen. So sind sie froh, dass für die anderen beiden Stücke (Cyrano in Buffalo, Aufführung am Mittwoch, 30. März, 20.30 Uhr in der Turnhalle! und "Schöne Bescherungen" von Alan Ayckbourn, Premiere Pfingstsonntag) noch genügend Theaterbegeisterte einsatzbereit sind. Sind doch alle ehrenamtlich dabei und müssen sich die Zeit im Sommer gut einteilen.

Weitere Aufführungen der Drei Einakter von Curt Götz sind: am 6. April, 18. Mai, 15. Juni, 6. und 27. Juli, 17. August, 7. und 28. September und eventuell am 19. Oktober jeweils in der Turnhalle um 20.30 Uhr, Einlass ab 20.00 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse und beim Bücherwurm (Telefon 04939-282) auf Baltrum.

 

Sabine Hinrichs

 

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