Und ewig rauschen die Gelder

Cash on Delivery! von Michael Cooney

Schön wäre es. So mach einer wünscht sich gewiss vom Sozialstaat so viel Aufmerksamkeit und Wohlfahrt wie in der Farce von Michael Cooney beschrieben. Da hat doch der Eric Swan nach dem Verlust seiner Arbeitsstelle bei den Stadtwerken einfach nur nicht den Mumm gehabt, seiner Frau davon zu erzählen, als ihn das unverschämte "Glück" einen Scheck an seinen Untermieter ins Haus schickt. Der aber ist inzwischen nach Kanada ausgewandert. Und damit nimmt die Geschichte ihren Lauf. Als Eric merkt, wie einfach es ist, den Sozialstaat auszunehmen, erfindet er flugs noch einige Hausbewohner samt Familien und ihrer Gebrechen hinzu und kassiert fleißig weiter, während seine Gattin Linda im Glauben lebt, es sei alles in bester Ordnung. Ein paar Gewissensbisse müssen Eric dann aber doch eines Tages gedrückt haben, denn nun möchte er das Ganze lieber beenden. So lässt er seinen Untermieter Norman Bassett erst einmal "sterben". Aber damit kommt das Chaos erst in Schwung, denn ausgerechnet an diesem Morgen kündigt sich die Inspektorin des Sozialamtes an.
Sie haben es gemerkt: Es ist ein Theaterstück und nicht wirklich eine Geschichte aus dem wahren Leben. Die Inselbühne Baltrum hat am Ostermontag mit "Und ewig rauschen die Gelder" eine aberwitzige Verwandlungs- und Verwechslungskomödie auf die Bühne gebracht und die Lachmuskeln des Publikums arg strapaziert.
Horst Unger ist in Höchstform als Eric Swan und nur im Spiel mit dem Wirrwarr des Familiengeflechts der Bewohner seines Hauses überfordert. Susanne Mammen als resolute aber zunehmend verzweifelnde Ehegattin Linda hat indessen doch irgendetwas spitz gekriegt und vorsorglich einen Familienberater angeheuert - urkomisch, wie Torsten Moschner als Dr. Chapmann versucht, hinter die Verhältnisse zu kommen! Zum Glück tritt da Simone Ulrichs als die zartfühlende Sally Chessington von der Familienfürsorge hinzu. Aber auch sie kann nur zur Vergrößerung des Durcheinanders beitragen, ganz genauso wie Bestattungsunternehmer Mr. Forbright. Sven Exner bringt mit ihm Klangfarbe ins Geschehen. 
Die arme Inspektorin Gina Jenkins! Anja Linn hat alle Hände voll zu tun, um sich irgendwie verständlich zu machen und hängt am Ende buchstäblich über Kopf. Und wenn das Publikum bis dahin noch keine Lachträne vergossen hat, dann bestimmt, nachdem Eric der armen Verlobten von Norman, Brenda Dixon (Sabine Hinrichs), auf eine solche erschütternde Art und Weise klar gemacht, hat, warum sie diesen nun just nicht mehr sprechen kann... 
Wenn dann Onkel George von den Toten aufersteht und Gotthard Hagenström quicklebendig über die Bühne fegt, ist kein Halten mehr. Da setzt dann nur noch Klaas Beck als Untermieter Norman eins obendrauf, wenn er plötzlich als Mrs. Swan die gewünschten Unterschriften leisten will.
Gott sei Dank, Bärbel Nannen kommt als Mrs. Cowper, Leiterin des Sozialamtes, um alle zu erretten und dem Spiel ein gutes Ende zu geben.

Und die Moral von der Geschicht'? 
Die gibt es nicht. Es ist schlicht Klamauk ohne tieferen Hintersinn. Aber so etwas lieben die Baltrumer und ihre Gäste. Man will sich schließlich ja auch einmal amüsieren. Und in diesem Falle hat das Publikum zudem stets den köstlichen Vorzug, mehr zu wissen, als die Darsteller auf der Bühne es überhaupt je ahnen könnten.
Petra Sparenborg hat für den guten Ton und das rechte Licht gesorgt, Bärbel Nannen ist für die Maske zuständig, Grace Lüppen hat die Kostüme ausgesucht (und einige exquisite Requisiten beigesteuert), Torsten Moschner die Bühne entworfen und gebaut - und dankbar sind alle nicht zuletzt für die wunderbare Souffleuse Anneliese Neumann, die die Truppe so gut am Text hält.
Sollte man das so als Regisseurin selbst schreiben? Wie auch immer - diese Inszenierung hat arg Spaß gemacht! Die viele Arbeit im Winter hat sich offenbar gelohnt, die vielen Lachtränen, die wir bei den Proben vergossen haben, seien nun Ihnen, den Zuschauern, vergönnt. Vielen Dank an die Mitwirkenden!
Die nächste Aufführung ist erst in vier Wochen, am 23. Mai, weitere am 6. Juni, am 27. Juni, am 18. Juli, am 15. August, 29. August, am 19. September und eventuell noch eine im Oktober.

Eine weitere Premiere der Inselbühne wird mit ebenso viel Spannung erwartet: "Das Haus in Montevideo" von Curt Goetz unter der Leitung von Jürgen Janßen wird das Theaterprogramm auf der Insel Baltrum ab dem 18. Mai vervollständigen. Mit "Volpone" von Stefan Zweig als Wiederholung aus dem Vorjahr sind dann wieder drei Stücke im Wechsel wöchentlich mittwochs in der Turnhalle auf Baltrum zu sehen.

Zunächst aber bereiten sich die Mitglieder der Theatergruppe des Kultur- und Sportvereins Baltrum e.V. auf die Niedersächsischen Amateurtheatertage vor. Diese finden vom 27. April bis zum 1. Mai zum dritten Male auf der kleinsten ostfriesischen Insel statt. Die Inselbühne Baltrum eröffnet das Treffen am Freitag Abend mit "Volpone". 


Sabine Hinrichs 
Foto(s): Beck / Strenge-Diercks