Halb auf dem Baum von Peter Ustinov
Eröffnung der Baltrumer Theatersaison 2000, Ostersonntag.
Mit "Halb auf dem Baum" von Peter Ustinov begeisterte die Inselbühne Baltrum am Ostersonntag ihr Publikum im ausverkauften Saal. Unter der Regie von Gesa Puls wird die erfolgreiche Inszenierung von 1999 in diesem Jahr wiederholt. Spritzig und temperamentvoll, mit viel Charme und Witz zogen die Laiendarsteller ihre Zuschauer in Bann und wurden mit vielen Lachern und viel Beifall belohnt. 
Anke Fulfs ist als norwegisches Au-pair-Mädchen Helga sehr "dekorativ, voller Opposition und hinreißend ungehorsam". Lady Doris Fitzbuttress, dargestellt von Susanne Mammen, muss ihrem heimkehrenden Gatten General Sir Mallalieu St. John Fitzbuttress nicht nur mit deren unkonventionellen Art konfrontieren, sondern ihm auch schonend die "Rebellion und Emanzipation" von Sohn Robert und Tochter Judy beibringen. Generationenkonflikt eben - die Familie lebt nur zufällig unter einem gemeinsamen Dach, "zusammengehalten durch gemeinsame Möbel und Sanitäranlagen". Robert (herrlich: Torsten Moschner als Hippie mit langen Haaren und schwarzen Barfüßen) kommt mit seiner Freundin Leslie - die umgehängten Gitarren gehören zu ihrer Uniform, wie der Säbel zu des Vaters. Denn singen tut mit ihrer "infernalischen Stimme" höchstens Leslie (schön schräg im Bariton: Monika Heck). Judy, gespielt von Anja Linn, kann der Ehe ebenfalls keinen Sinn abgewinnen. Hochschwanger begründet sie ihre Opposition mit Unabhängigkeit. Stumpfheit und Verbohrtheit der Gesellschaft wirft sie der veralteteten Generation ihres Vaters zur Last. 
Zum Entsetzen Lady Fitzbuttress ist ihr Gemahl nicht abgeneigt, der jungen Generation mit Interesse zuzuhören. Ihm ist das alles aber zu wenig, ein schwaches Säuseln nur, eine Rebellion mit halbem Herzen. Die Moralvorstellungen der Gesellschaft treten mit den Kindern zutage, warnt er Judy. So verlässt er das Haus gleich wieder, um die neuen Ideen zu verdauen. Der General, verkörpert von Jürgen Janßen, fängt ein neues Leben auf einem Baum an. 
Bei seiner Wiederkehr sind die Kinder "erwachsen" geworden und sind ihrerseits über des Vaters Verhalten entsetzt. Ein Leben mit sicherem Halt und Anker wollen sie mit einer Doppelhochzeit beginnen: Judy mit dem aufrichtigen Pfadfinder Basil Utterwood (Manfred Merker), Robert mit Helga - sehr zum Unwohl des Vikars alias Gerd Klünder. Am Ende jedoch wollen sowohl dieser als auch der schmachtende Hausfreund Brigadegeneral Tiny Brown (Horst Unger) wissen, wie es sich auf dem Baum lebt. Aber, meint der General a.D., Zukunft hätte die Sache nicht: "So hoch man auch steigt, man ist immer nur halb auf dem Baum". 
Barbara Adams hat die stilechten Kostüme ausgesucht, Bärbel Nannen hat viel zu tun nicht nur für des Generals Wandlung. Als kaum benötigte Souffleuse steht Marlies Albering zur Stelle. 
Eine gelungene Komödie, die an folgenden Terminen in der Turnhalle auf Baltrum wieder zu erleben ist: 24.5., 28.6., 19.7., 9.8., 30.8. und am 20.9.2000. 

Aufführung 1999

Aufführung bei den Theatertagen 1999 in Lingen

Sabine Hinrichs